Essbare Ökosysteme: Waldgärten als Schlüssel für Biodiversität und Selbstversorgung

Essbare Ökosysteme: Waldgärten als Schlüssel für Biodiversität und Selbstversorgung

In unserer heutigen Ausgabe des Gartenfreunde Magazins widmen wir uns einer ökologisch wertvollen Form der Gartengestaltung, die in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit genießt: dem Waldgarten. Dieses Konzept, inspiriert von geschlossenen Kreisläufen und selbstregulierenden Mechanismen eines natürlichen Waldökosystems, eröffnet uns neue Wege, wie wir unsere Gärten anlegen und nutzen können. Vom kleinen Gartenparadies hinterm Haus bis hin zu großflächigen Waldgärten, die sich über mehrere Hektar erstrecken, bietet die Idee des Waldgartens Lösungsansätze für eine lokale und nachhaltige Lebensmittelproduktion.

Die vielen Vorteile eines Waldgartens

Waldgärten heben sich in vielerlei Hinsicht positiv von vielen Landnutzungsformen ab: Wenn man beobachtet, wie sich aus brachliegenden Feldern oder Wiesen mit der Zeit natürlicherweise Wälder entwickeln, erkennt man den Kerngedanken des Waldgartens: im Einklang mit der natürlichen Sukzession zu arbeiten, statt diese zu unterbrechen. Die traditionelle Land- und Gartenwirtschaft setzt häufig auf das Umgraben des Bodens, um einjährige Kulturen zu fördern und die natürliche Entwicklung des Ökosystems zu hemmen. Im Gegensatz dazu basiert das Konzept des Waldgartens auf der Nutzung mehrjähriger Pflanzenarten und eröffnet somit eine Fülle von interessanten Alternativen zu den üblichen einjährigen Pflanzen zur Lebensmittelversorgung.

Biodiversität fördern

Waldgärten zeichnen sich durch ihre Vielschichtigkeit und Artenreichtum aus. Sie ahmen die komplexe Struktur natürlicher, offener Wälder nach und bieten somit Lebensräume für eine breite Palette von Organismen. In diesem vielschichtigen Habitat finden Insekten, Vögel und viele weitere Tierarten ideale Bedingungen zum Nisten und Nähren. Durch die Förderung der Biodiversität leisten Waldgärten einen wertvollen Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht und zur Stärkung der lokalen Fauna. Die natürliche Vielfalt in Waldgärten sorgt zudem für eine gesunde Ökosystemdynamik, die Krankheiten und Schädlinge auf natürliche Weise reguliert.

Lokale Lebensmittelproduktion

Waldgärten bieten die Möglichkeit sich unabhängiger von industriellen Lebensmittelsystemen zu machen und fördert ein neues Bewusstsein für den Wert und die Qualität von lokal produzierten Lebensmitteln. Von frischen Kräutern über saftige Beeren bis hin zu nahrhaften Nüssen und Obst - die Palette der Nahrungsmittel, die ein Waldgarten produzieren kann, ist ebenso vielfältig wie nahrhaft.

Geringerer Pflegeaufwand

Einer der größten Vorteile eines Waldgartens ist sein vergleichsweise geringer Pflegebedarf. Nachdem die grundlegenden Strukturen etabliert sind, neigt das System dazu, sich selbst zu erhalten und zu regulieren. Dieser geringe Pflegeaufwand ist ein direktes Ergebnis der Nachahmung natürlicher Prozesse und der Nutzung mehrjähriger Pflanzen.

Klimaresilienz stärken

Waldgärten sind nicht nur ökologische Schmuckstücke, sondern auch wichtige Komponenten angesichts des Klimawandels. Ihre tiefe Verwurzelung und die dichte Vegetationsdecke spielen eine entscheidende Rolle im Erosionsschutz und in der Wasserregulierung, während das vielschichtige Laubdach zur Abkühlung des Mikroklimas beiträgt.

Lehr- und Lernort

Neben ihren ökologischen und ökonomischen Vorteilen sind Waldgärten auch wertvolle Lernorte. Sie bieten unzählige Möglichkeiten, Wissen über Ökosysteme, Pflanzenkunde und nachhaltige Landwirtschaftspraktiken zu vermitteln. Kinder wie Erwachsene können in Waldgärten praktische Erfahrungen sammeln, die sowohl das Verständnis für die Natur, ihre Prozesse und die lokale Lebensmittelversorgung vermitteln.

Gesundheit und Wohlbefinden

Waldgärten tragen nicht nur zur ökologischen und ernährungsphysiologischen Resilienz bei, sondern haben auch einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Das Arbeiten in der Natur, umgeben von einer Vielfalt an Pflanzen und Tieren, fördert die physische Aktivität und reduziert Stress. Darüber hinaus ermöglicht die Ernährung mit frischen, aus dem Waldgarten stammenden Lebensmitteln eine vielfältige und nährstoffreiche Ermährung, die zur Förderung der körperlichen Gesundheit beiträgt. Die Kombination aus physischer Betätigung, mentaler Entspannung und hochwertiger Ernährung macht Waldgärten zu wahren Oasen des Wohlbefindens.

Ästhetische Vielfalt

Nicht zuletzt bestechen Waldgärten durch ihre ästhetische Vielfalt und natürliche Schönheit. Die harmonische Kombination unterschiedlicher Pflanzenschichten und die Symbiose verschiedener Arten schaffen ein dynamisches und visuell ansprechendes Landschaftsbild. Ein Spaziergang durch einen Waldgarten ist ein Erlebnis für alle Sinne – ein Ort der Ruhe und Inspiration.

Vom Hinterhof bis zur Landwirtschaft

Die Flexibilität des Waldgartenkonzepts ermöglicht es, unabhängig von der Größe der verfügbaren Fläche, einen produktiven und ästhetisch ansprechenden Raum zu schaffen.

Im Privatgarten können Waldgärten zu einer wertvollen Quelle für eine vielfältige und nährstoffreiche Ernährung werden. Sie ermöglichen einen hohen Grad der Selbstversorgung mit frischen Lebensmitteln direkt aus dem eigenen Garten. Das Ernten von Beeren, Obst und Nüssen direkt vor der Haustür verbindet die Freude am Gärtnern mit dem Genuss von gesunden, selbst angebauten Lebensmitteln.

In städtischen Gebieten bieten Waldgärten eine Lösung, um öffentliche Grünflächen in essbare Landschaften zu verwandeln. Dies fördert nicht nur die lokale Biodiversität und verbessert das Mikroklima, sondern schafft auch Begegnungsräume, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Der Ansatz der "essbaren Stadt" fördert ein Bewusstsein für die Bedeutung lokaler Lebensmittelproduktion.

In der Landwirtschaft erweisen sich Waldgärten und Agroforstsysteme als vielversprechende Alternativen zu geläufigen Anbaumethoden. Durch die Integration von essbaren Waldgärten in landwirtschaftliche Betriebe können nachhaltige Anbaumethoden gefördert und die Vielfalt der angebauten Lebensmittel erhöht werden. Dies trägt zur Stärkung der Lebensmittelsicherheit und zur Förderung einer resilienten Landwirtschaft bei.

Was macht Waldgärten genau aus?

Ein Waldgarten strebt danach, die Diversität und die Schichten eines natürlichen Waldes zu imitieren, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Die Mehrzahl der gepflanzten Arten ist essbar oder anderweitig nützlich für den Menschen. Von der obersten Baumkrone bis zum Bodenbewuchs – in einem Waldgarten findet jede Pflanze ihren Platz.

Die Schichten eines Waldgartens

Ein gut geplanter Waldgarten nutzt die verschiedenen Ebenen der Vegetation gut aus. Die Gestaltung eines Waldgartens und seiner Schichten kann aber auch auf unterschiedliche Weisen erfolgen, wobei jede Methode ihre eigenen Vorzüge hat. Die Waldrandmethode imitiert zum Beispiel den artenreichen Übergangsbereich zwischen Wald und offener Landschaft.

Ein Klimaxwald orientiert sich and er Struktur ausgewachsener Wälder mit dominierenden Großbäumen. Man kann jedoch auch unterschiedliche Ökosysteme, wie Lichtungen, dichtes Kronendach und Waldränder frei kombinieren und mosaikartig einteilen.

Wir stellen Euch hier ein Beispiel für die Ausgestaltung der verschiedenen Schichten vor.

Obere Kronenschicht

Die obere Kronenschicht eines Waldgartens wird von den höchsten Bäumen gebildet und sollte mit seinem Kronendach etwa 20% der Fläche ausmachen. Diese Schicht bietet Schatten und Schutz für die darunter liegenden Ebenen und bietet neben ihrer leckeren Ernte auch Lebensraum für Vögel und andere Tiere.

Beispiele für Bäume, die in dieser Schicht gedeihen, sind Nussbäume, wie Walnüsse (Juglans regia), Esskastanien (Castanea sativa) oder ausgefallenere Nussarten, wie Schwarznüsse (Juglans nigra) oder Pekannüsse (Carya illinoinensis). Auch starkwüchsige Hochstämme von Obst fallen hierunter, wie Apfel- und Birnbäume (Malus domestica, Pyrus communis).

Mittlere Kronenschicht

Die mittlere Kronenschicht besteht aus kleineren Obstbäumen und Großsträuchern, die unter den höheren Bäumen der oberen Schicht gedeihen. Diese Schicht sollte etwa 40% ausmachen. Typische Vertreter sind Halbstamm-Obstbäume, wie Kirschbäume (Prunus avium), Pflaumenbäume (Prunus domestica), Kleinbäume, wie die Pawpaw (Asimina triloba) oder Kaki (Diospyros spp.) und Großsträucher, wie die Felsenbirnen (Amelanchier ovalis) oder Kornelkirschen (Cornus mas).

Strauchschicht

In der Strauchschicht finden sich kleinere, beerentragende Sträucher und Nutzpflanzen. Zu den beliebten Arten gehören Himbeeren (Rubus idaeus), Johannisbeeren (Ribes), Zierquitten (Chaenomeles spp.) und Haselnüsse (Corylus avellana). Sie kann etwa 60% der Fläche ausmachen.

Kraut- und Bodendeckerschicht

Die Krautschicht beherbergt mehrjähriges Gemüse, Kräuter und Bodendecker, die sich direkt über dem Boden oder in Bodennähe ausbreiten. Die Krautlage kann 80% der Fläche ausmachen. Dazu gehören an sonnigen Standorten Küchenkräuter wie Thymian (Thymus vulgaris) und Salbei (Salvia officinalis), aber auch schattenverträgliche Bodendecker wie Walderdbeeren (Fragaria vesca) und Waldmeister (Galium odoratum).

Kletterpflanzen

Kletterpflanzen nutzen die vertikale Ebene, indem sie an Bäumen, Zäunen oder anderen Strukturen emporwachsen. Beispiele sind die Kiwibeere (Actinidia arguta), Weinreben (Vitis vinifera) und Hopfen (Humulus lupulus). Sie fügen eine weitere Dimension in den Raum des Waldgartens hinzu.

Wurzelschicht

Unter der Erde verborgen produziert die Wurzelschicht Nahrungsmittel wie Knollen und Wurzelgemüse. Zu den Kulturen, die in dieser Schicht gedeihen, gehören z.B. Kartoffeln und außergewöhnliche Knollen, wie Topinambur (Helianthus tuberosus), Mashua (Tropaeolum tuberosum) und Oca (Oxalis tuberosa).

Pilzschicht

Die Integration von essbaren Pilzen bietet eine zusätzliche Ernährungskomponente und trägt zur Vitalität des Bodens und der Pflanzen bei. Arten wie Shiitake (Lentinula edodes), Austernpilze (Pleurotus ostreatus) und Champignons (Agaricus bisporus) können in Zusammenarbeit mit Holzresten oder anderen organischen Materialien kultiviert werden. Pilze bereichern den Waldgarten nicht nur um eine wichtige Nahrungsquelle, sondern spielen auch eine zentrale Rolle als Mykorrhiza und im Abbau organischen Materials und der Nährstoffkreisläufe.

Hast Du aufgepasst und mitgerechnet? Damit ergeben sich ganze 200% Vegetationsschicht, da die Pflanzen in mehreren Ebenen wachsen. Ein ideales Lichtmanagement für die einzelnen Pflanzen ist das A und O in einem Waldgarten und die Hauptaufgabe eines Waldgarten-Gärtners ist es, durch Schnittmaßnahmen dafür zu sorgen, dass alle Pflanzen genügend Sonnenlicht bekommen und produktiv bleiben. Um die Grundlage aller Pflanzen - den Boden - möglichst gut zu versorgen, sollte er immer entweder mit lebenden Pflanzen oder mit Mulch bedeckt sein.

Standortwahl und Pflanzenauswahl

Ein erfolgreicher Waldgarten beginnt mit der richtigen Auswahl der Standorte und Pflanzen. Essentiell ist dabei, die natürlichen Bedingungen wie Bodenbeschaffenheit, Lichtverhältnisse und Wasserfluss zu berücksichtigen. Es ist ratsam, mit den jeweiligen Standortbedingungen der Pflanzen zu arbeiten, statt gegen sie, um ein gesundes und produktives Ökosystem zu gestalten.

Unterstützung bei deiner Planung

Unsere Baumschule ackerbaum hat die passenden, essbaren und nützlichen Pflanzen für jeden Waldgarten. Wir produzieren Pflanzen für jeden Geschmack und für jeden Standort. Unser Sortiment orientiert sich an den Ebenen eines Waldgartens.

Du planst einen großen Waldgarten und brauchst Unterstützung? Melde Dich gerne bei uns und wir schauen, wie wir Dich unterstützen können.

Wir werden ab Sommer mit ackerbaum wieder umfassende Beratungen durchführen. Wenn Du daran interessiert bist, kannst Du Dich bereits bei uns melden. Dann melden wir uns bei Dir, wenn es soweit ist!


Ob als Beitrag zur Selbstversorgung, als gemeinschaftliches oder pädagogisches Projekt oder einfach aus Freude am Experimentieren mit der Natur – Waldgärten öffnen die Tür zu einer Welt, in der Nachhaltigkeit und Produktivität Hand in Hand gehen. Sie sind eine Einladung an jeden Gartenfreund, den eigenen Gartenraum neu zu denken und Teil einer wachsenden Bewegung zu werden, die sich für eine grünere, lebenswerte Zukunft einsetzt.

Wir hoffen, dass Euch diese Ausgabe des Gartenfreunde Magazins inspiriert hat, im eigenen Garten oder auf den eigenen landwirtschaftlichen Flächen ein Paradies für Menschen, Pflanzen und Tiere zu schaffen.

Herzliche Grüße,

Paul & Janine

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